So a Theater um die Moaktstandln

Posse in drei Akten
Ira Mollay, Lebenswertes Matznerviertel
1. Akt
Sommer 2018, ein sonniger Samstag, Yppenmarkt, Nordzeile
1. Szene
Kundin: Und dann noch von dem Schafkäs’, der is’ immer so gut bei Ihnen.
Regionalprodukte-Standler: Frisch vom Bauern, wie immer.
Kundin: Danke, bis nächsten Samstag,
2. Szene
Kundin: A Blunz’n hätt’ i no gern. Is’ die frisch?
Fleischer: Wie immer. Mir ham nur frisch. Montag stech ma die Schweindln ab, Dienstag is Fleischbeschau, Mittwoch wird zerlegt, Donnerstag Wurscht g’macht, und Freitag und Samstag samma scho do am Moakt damit.
Kundin: Oida! Des is urleiwand!
2. Akt
Herbst 2018, ein sonniger Dienstag Nachmittag
Folkloristischer Aufbau vor dem Lager eines Käsehändlers vom Brunnenmarkt: Tisch, Bierkisten verziert mit Kürbissen und Weintrauben, dahinter sitzt der Bäcker von der Nordzeile
1. Szene
Kunde: Was tun denn Sie da?
Bäcker: Des is wegen der neuen Marktordnung.
Kunde: Hä?
Bäcker: Mia miassn jetz a Dienstag bis Donnerstag offen ham, von drei bis umma sechse.
Kunde: Hä?
Regionalprodukte-Standler, mischt sich ein: Der Wille des Gesetzgebers. Man möchte den Markt beleben. Es gibt schwarze Schafe am Markt: Standln stehn leer, das wirkt nicht gut, drum soll sich was ändern. Das will man mit verpflichtenden Öffnungszeiten erreichen.
Kunde, schaut ungläubig-verwirrt: Echt jetzt? Geht des?
Bäcker: Na, des geht ned. Um die Zeit kauft kana a Semmerl. Mei Gschäft is in da Fruah.
I tua am Land bockn, duat hob i meine Gschäfta, des is schwer gnua nebn die Supamärkte. I kumm nua Freitog und Samstog nach Wean zum Dazuavadiena.
Regionalprodukte-Standler: Wenn der Bäcker jetzt jeden Tag reinfahren muss, sind das circa tausend Kilometer mehr pro Woche. Verkehrsaufkommen, Feinstaub, CO2, ein Wahnsinn!
Bäcker: Des warat ma Wurscht, oba wos mi aufregt: I moch jo ka Gschäft in dera Zeit! Zum Kunden gerichtet: Tatatn Sie jetzt a Semmerl kaufn?
Kunde: Naaa, tatat i ned. Semmerl gibt’s zum Frühstück. Außadem soit i jetzan eigentlich in da Oaweit sein. Normal. Oba heit hob i an Amtsweg.
Ein Lastwagen dröhnt vorbei und übertönt das Gespräch.
Regionalprodukte-Standler: Schaun Sie sich das an! Unter der Woche wird die Gassn ned abgsperrt, da sausen die Autos vorbei. Und das Ärgste: Wir Standler ham nur den Gehsteig, auf dem wir verkaufen dürfen. Die Kinderwagln kommen nimmer durch und wir ham kan Platz. Da kann man kein Gschäft machn.
Bäcker: Mia wean vom Gesetzgeber zwunga Verluste zu machen!
Kunde kratzt sich verlegen am Popsch.
2. Szene
Ein Kamerateam eines Fernsehsenders interviewt die Standler der Nordzeile. Ein Mikrofon auf einer langen Stange, eingebuschelt in einen flauschigen Windschutz, garniert das Bild.
Reporter: Wir berichten wieder live vom Yppenmarkt und dem Aufstand der Standler – der Aufstandler, haha – gegen die neue Marktordnung. Was ist denn der Stand – haha – der Dinge, wie sieht’s denn mittlerweile aus?
Regionalprodukte-Standler: Wir sind zuversichtlich: Unserer Kundschaft taugt die neue Regelung auch nicht, wir haben über tausend Unterschriften gesammelt. Und es hat schon Gespräche gegeben. Mit dem Bezirksvorsteher, der Marktamtsdirektion, diversen Gemeinderäten, der Wirtschaftskammer. Es waren gute Gespräche. Die kennen sich aus und wollen eine gute Entwicklung für den Markt. Das wollen wir alle.
Man hat unsere Bedenken ernst genommen und unsere Gesprächsbereitschaft ist gut angekommen. Wir wollen uns voll reinhauen mit unserer ganzen Kreativität und unsere Vorschläge für die Weiterentwicklung des Marktes einbringen. Wir sind seit 35 Jahren da. Der Bauernmarkt ist ein Zugpferd. Wenn sie uns absägen, könnte der ganze Yppenmarkt draufgehen.
Reporter: Wie sieht’s mit den Kontrollen aus?
Regionalprodukte-Standler: Die rigorosen Kontrollen vom Marktamt haben nach der zweiten Ermahnung aufgehört. Zumindest bis jetzt. Hoffen wir, dass das so bleibt, bis die Gespräche abgeschlossen sind. Denn nach der dritten Ermahnung würden wir die Kündigung kriegen, dann sind unsere Standln futsch. Zwei Mahnungen haben wir schon bekommen. Und wir verstoßen ja gegen ein Landesgesetz, das ist halt die Tatsache.
Reporter: Danke für das Gespräch. Wir bleiben dran, wir kommen wieder.
3. Akt
Die VORwORTe-Redaktion verkündet, auf einem Tisch auf der Nordzeile stehend, Kürbisse und Weintrauben zu Füßen, von einer Pergamentrolle vorlesend, Folgendes:
Das Ende dieses Marktstandl-Theaters ist noch nicht geschrieben. Zumindest nicht zum Zeitpunkt, als die VORwORTe Redaktionsschluss hatten. Wenn du, liebe Leserin, lieber Leser, am Laufenden bleiben willst, schau doch vorbei am Yppenmarkt. Frag die Standler, denn es gibt sie wirklich.
Unser Theaterstück ist nicht frei erfunden, sondern spielt sich im wirklichen Leben ab. Genau so. Und könnte auch den Markt in deiner Nähe betreffen.
Worum geht es in dem Stück? In einer Stadt gibt es unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse, die manchmal zu Konflikten führen. Das kann zu Verdruss, Streitereien, ja sogar zum Verlust der Existenzgrundlage führen. Oder aber dazu, dass man sich zusammensetzt und miteinander redet, gemeinsam eine Lösung findet. Vielleicht sogar eine sehr gute, die Vorteile für alle bringt.
Was wäre deine Lösung, liebe Leserin, lieber Leser? Schreib sie uns an
redaktion@vorworte.at
Vorhang und tosender Applaus